Zwischen Mensch und Maschine: Wo beginnt Urheberschaft in der KI Musik?

Melanie Rehle

Über die Autorin

Als Expertin für KI-gestützte Automatisierung und digitale Transformation liegt ihr Fokus darauf, Unternehmen dabei zu unterstützen, künstliche Intelligenz gezielt in Geschäftsprozesse zu integrieren. Durch praxisnahe Beratung, strategische Schulungen und innovative Lösungen entsteht echter Mehrwert – von effizienteren Workflows bis hin zu zukunftsfähigen Geschäftsmodellen.

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Musik war schon immer ein Ausdruck von Emotion, Intuition und Intention – egal ob mit Geige, Gitarre oder Groovebox. Heute kommt ein weiteres Werkzeug hinzu: Künstliche Intelligenz. Und mit ihr neue kreative Möglichkeiten – aber auch neue Konflikte: KI Musik.

Ich bin Musiker, GEMA-Mitglied und jemand, der Tools wie Suno, ChatGPT, LANDR oder Neutron in seine Produktionen integriert. Nicht, um Abkürzungen zu nehmen, sondern um Ideen umzusetzen, die sonst nie gehört würden. Ich schreibe Texte, überarbeite Arrangements, mische, mastere – und nutze KI als Teil meines kreativen Workflows.

Früher war es für viele unmöglich, ohne Plattenvertrag oder Produzent ihre Musik zu veröffentlichen. Heute kann man – mit etwas Know-how, einer Vision und den richtigen Tools – selbst zum Erzähler werden. Auch das ist ein Fortschritt.

Schutz für Kreative – aber für welche genau?

Die GEMA hat 2024 zwei wichtige Initiativen gestartet: Eine KI-Charta, die zehn ethische Grundsätze für den Umgang mit generativer KI formuliert, ein Lizenzmodell mit zwei Säulen, das Anbieter generativer KI-Dienste wie Suno oder OpenAI verpflichtet, die Verwendung geschützter Werke zu vergüten.

Ziel ist es, Musikschaffende fair zu beteiligen – sowohl beim Training von KI (Säule 1) als auch bei der Nutzung von KI-generierten Inhalten (Säule 2). Und das ist richtig. Doch was ist mit den Kreativen, die KI selbst nutzen, um etwas Neues zu schaffen?

KI Musik und Urheberschaft im Zeitalter der Kollaboration

Wenn ich ein Suno-Instrumental generiere, den Songtext selbst schreibe, das Arrangement überarbeite, Vocals hinzufüge, alles abmische und mastere – ist das dann kein schöpferisches Werk?

Der EU AI Act, der am 2. Februar 2025 in Kraft trat, verpflichtet Unternehmen und Nutzer:innen, KI verantwortungsvoll einzusetzen. Er fordert Transparenz, Risikobewusstsein und Kompetenz im Umgang mit KI. Doch was heißt das in der Praxis für Musiker:innen?

Wie dokumentiere ich meine kreative Mitwirkung bei einem Tool, das keine Details zu seinen Trainingsdaten veröffentlicht? Wie kann man bei 12 Halbtönen und 4 Standard-Akkorden noch „Originalität“ objektiv prüfen? Spätestens seit dem „Four Chord Song“ von Axis of Awesome wissen wir, wie oft sich Musik formal wiederholt.

Moderne Musikproduktion ist längst hybrid

KI-gestützte Tools sind kein Spielzeug mehr – sie sind Produktionsstandard – auch bei Profis:

  • David Guetta nutzte KI, um Eminem-ähnliche Vocals für einen Clubtrack zu erzeugen.
  • Grimes bietet ihre Stimme über ein Lizenzmodell für KI-Nutzung an – mit Umsatzbeteiligung.
  • Holly Herndon entwickelte ein eigenes KI-System, das ihre Stimme neu interpretiert.

Niemand stellt die kreative Leistung dieser Künstler:innen infrage. Warum also die von Musikschaffenden, die mit vergleichbaren Werkzeugen arbeiten?

KI Musik braucht faire Regeln – wir fangen in München damit an

Vom 13. bis 15. Mai 2025 findet die GEMA-Mitgliederversammlung in München statt. Ich werde vor Ort sein – nicht nur, um zuzuhören, sondern um mitzugestalten. Es ist höchste Zeit, dass wir offen über den Wandel sprechen:

Wenn Musik zunehmend hybrid entsteht – zwischen Mensch und Maschine – dann braucht es nicht nur technische Lösungen, sondern auch rechtliche Klarheit, faire Rahmenbedingungen und ein neues Verständnis von Urheberschaft.

Fazit

Musik entsteht aus Intention, nicht nur aus Technik. Und faire Vergütung darf sich nicht an Tools bemessen, sondern an Mitwirkung.

Was wir brauchen, ist kein Ausschluss hybrider Werke – sondern ein neues, realitätsnahes Modell, das die kreative Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine abbildet.


Weiterführende Artikel zum Thema KI Musik:

  • David Guetta: KI als neues Produktionsmittel. Der Star-DJ erzeugte mithilfe von KI eine Eminem-ähnliche Rap-Stimme für einen Live-Track und erklärte in einem BBC-Interview, dass KI für ihn „das nächste große Werkzeug für Musikproduktion“ sei – ähnlich bedeutend wie der Synthesizer oder der Sampler früher. David Guetta says the future of music is in AI (BBC)
  • Grimes: Stimme freigegeben für KI – inklusive Lizenzmodell. Die Künstlerin Grimes stellt ihre Stimme für KI-Projekte öffentlich zur Verfügung und bietet einen 50/50-Royalty-Split an. Ziel: Kreative Experimente fördern und neue Wege der Rechteverwertung ermöglichen – ohne klassische Verwertungshürden. Grimes invites people to use her voice in AI songs (The Guardian)
  • Holly Herndon: Die KI-Stimme als Community-Projekt. Mit Holly+ entwickelte Herndon ein KI-Modell ihrer eigenen Stimme, das öffentlich nutzbar ist. Sie koppelt es an eine DAO, die Einnahmen verwaltet und neue KI-Projekte fördert – ein innovativer Ansatz für digitale Stimmrechte und gemeinschaftliche Kreativität. Holly Herndon’s AI Deepfake “Twin” Holly+ Transforms Any Song Into a Holly Herndon Song (Pitchfork)